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Kinder und Haftpflichtversicherung: Die größten Irrtümer

13 August, 2010

Versicherungen prüfen Verletzung der Aufsichtspflicht im Einzelfall sehr genau:

Sonntagsbesuch bei den Großeltern: Die Familie hat es sich rund um die Kaffee- und Kuchentafel bequem gemacht. Nur der fünfjährige Enkel ist mit seinem Sitzplatz noch nicht zufrieden. Er turnt über seinen Opa hinweg in Omas Arme – und schon liegt das über Generationen weiter vererbte Porzellan in tausend Einzelteilen am Boden. Die Eltern sehen es zunächst gelassen. Mit den Worten „Wie gut, dass wir eine Haftpflichtversicherung haben!“ beruhigen sie die Oma.
Leider ist der Fall vertrackter, als die Eltern sich das vorgestellt haben. Katrin Rüter de Escobar vom Gesamtverband der deutschen Versicherer (GDV) weist daraufhin hin, dass Kinder bis zum Alter von sieben Jahren nicht schuldfähig sind, weil sie die Folgen ihrer Handlungen noch nicht absehen können. Das heißt, dass niemand für den Schaden aufkommen muss, den sie verursachen.
Wer Omas Porzellan oder Nachbars Fensterscheibe dennoch ersetzt haben möchte, kann nur auf die Unterstützung der Versicherung zählen, wenn er seine Aufsichtspflicht verletzt hat und damit selbst für den Schaden haftet. „Hier öffnet sich ein weites Feld“, erklärt Dr. Errit Schlossberger, Geschäftsführer des unabhängigen Verbraucher- und Finanzportals FinanceScout24: „Eine aktuelle Umfrage unseres Vergleichsportals zeigt: Für die Aufsichtspflicht gibt es keine klaren Richtlinien, es kommt immer auf den individuellen Fall an, den die Versicherungen sehr genau unter die Lupe nehmen.“ Der oben geschilderte Fall ist klar: Die ganze Familie saß zusammen, der Sohn wurde ordnungsgemäß beaufsichtigt. „Hier darf die Versicherung gar nicht zahlen“, bestätigt Marcus Danel von der Asstel Versicherungsgruppe. „Und leider gibt es dann auch bei kleinen Beträgen keine Kulanzregelung.“ Bei der Einzelfall-Beurteilung stütze sich Asstel auf Gerichtsurteile zu ähnlich gelagerten Fällen.
Kamuran Bildircin, zuständig für Haftpflicht und Schadensregulierung bei Degenia, orientiert sich an Richtlinien, die Anwälte aufgestellt haben. Dazu gehöre beispielsweise, dass man Zweijährige nicht länger als 20 Minuten allein lassen darf. Sören Häger, Produktmanager bei Swiss Life Partner GmbH, betont aber, dass jedes Kind eine andere Art von Aufsicht brauche: „Einen Wildfang kann man keine fünf Minuten allein lassen.“ Matthias Schlusche von den ERGO Direkt Versicherungen ergänzt: „Ich schaue mir beispielsweise an, wie alt das Kind ist und wie genau die Aufsicht erfolgte. Wir versuchen, das über Fragebögen zu ermitteln, oder treten auch telefonisch oder schriftlich an die Eltern heran.“
Häufig bearbeiten die Versicherungen auch Schadenfälle aus dem Straßenverkehr. „Hier sind die Grenzen noch enger. Denn Kinder können erst ab elf, nicht schon ab acht Jahren haftbar gemacht werden“, erklärt FinanceScout24-Geschäftsführer Schlossberger. Zum Beispiel liege keine Verletzung der Aufsichtspflicht vor, wenn sich ein Kind von der Hand der Mutter losreißt, auf die Straße läuft und einen Verkehrsunfall verursacht. Die Haftpflichtversicherung kann nur zahlen, wenn ein gesetzlicher Haftungsanspruch besteht. Ist das nicht der Fall, muss niemand für den Schaden geradestehen.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma bieten Klauseln, mit der Familien deliktunfähige Kinder in die Police miteinschließen können. Dann kommt die Versicherung für den Schaden auf – unabhängig davon, ob die Aufsichtspflicht verletzt wurde oder nicht. Allerdings ist die Deckungssumme meist auf Beträge zwischen 5.000 und 20.000 Euro begrenzt. „Bei höheren Schäden, etwa wenn Kinder mit Streichhölzern spielen und ein Haus in Brand stecken, wird die Aufsichtspflicht noch viel strenger definiert und geprüft“, erklärt Schlossberger. „Denn das Hantieren mit gefährlichen Materialien gehört nicht zum Freiraum von Kindern, egal in welchem Alter.“
Schlossberger rät werdenden Eltern grundsätzlich, bestehende Versicherungsverträge zu überprüfen und bei der Privathaftpflicht unbedingt deliktunfähige Kinder miteinzuschließen. „Die Geburt eines Kindes ist überhaupt ein guter Anlass, Versicherungen zu vergleichen und in einen günstigeren Tarif zu wechseln. Oder eine Privathaftpflicht zu wählen, die bei gleichen Kosten eine höhere Deckungssumme und eine geringere Eigenbeteiligung bietet.“
Dr. Günter Kast, www.financescout24.de

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