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Abwrackprämie - Im Rausch der Rabattschlacht

09 April, 2009

Subventionen in Deutschland: Die Bundesregierung hat die Obergrenze von 1,5 Milliarden Euro für die Abwrackprämie auf fünf Milliarden Euro aufgestockt

WAZ: Die Wirtschaftsprognosen können noch so düster sein, die privaten Perspektiven noch so ungewiss, seit Wochen werden Autos beinahe so selbstverständlich gekauft wie Brötchen. Liebgewonnene, noch fahrtüchtige Wagen landen in der Schrottpresse, nur um bloß nicht die 2500 Euro Prämie vom Staat für ein neues Gefährt zu verpassen. Was als ökologisch verkleidete "Abwrackprämie" eher skeptisch eingeführt wurde, hat es längst zum Schlager dieses Krisenfrühjahrs gebracht. Wer irgendwie kann, rechnet sich wenigstens einen kleinen Dacia oder Skoda herbei.

Die Bundesregierung hat nun die Obergrenze von 1,5 Milliarden Euro für die Umweltprämie auf fünf Milliarden Euro aufgestockt - auf dass bis Jahresende noch möglichst viele Autos vom Hof rollen. Ein kluger Konjunkturimpuls?

Selbst wer mit Autohändlern der hochpreisigen deutschen
Premiummarken spricht, die vergleichsweise wenige Verträge schreiben,
hört begeisterte Frontberichte. Die Stimmung der Kunden sei wie
ausgewechselt. Wo eben noch Vorsicht regierte und um jeden Sitzbezug
gefeilscht wurde, herrsche plötzlich Kauflaune. Diese rauschhafte
Begeisterung für den Rabatt erzählt uns Manches über uns selbst. Wenn
der Staat, der uns so viele Steuern abnimmt, einmal die
Förderschleuse öffnet, wollen auch wir bedient werden. Wenn der
Nachbar mit einem neuen Auto vorfährt, wären wir ja schön dumm, nicht
auch ein subventioniertes Gefährt zu erstehen. Die einfache,
erlebbare Subvention (vergleiche Elterngeld, Pendlerpauschale etc.)
ist uns allemal lieber als die weit größere Entlastung durch
irgendwelche Hebesätze. Umgekehrt funktioniert der Mechanismus
allerdings auch: Fast nichts, keine Gesundheitsreform und keine
Beitragsbemessungsgrenze, ärgert einen so sehr wie die zehn Euro, die
am Empfangstresen der Arztpraxis zu entrichten sind. Eine
"Servicegebühr" der Bahn treibt uns an den Rand der
Handgreiflichkeit.

Was gruppendynamisch, gar volkspsychologisch allzu plausibel
erscheint, könnte ein jähes Ende nehmen. Natürlich - wer wollte es
bei klarem Verstand bestreiten? - erhöht jedes staatlich bezuschusste
Auto das öffentliche Defizit, was in Form von höheren Zinsen den
Handlungsspielraum künftiger Generationen weiter verengt. Die
Abwrackprämie ist am Ende doch ein Geschenk, das die Masse der
Steuerzahler den aktuellen Autokäufern macht. Ob sich die Konjunktur
so wirkungsvoll stützen lässt? Wenn die Abwrack-Party vorbei ist,
kann die Stimmung gefährlich leicht umschlagen. Leitartikel von Tobias Blasius/ www.waz.de

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