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Teilautonomes Fahren im Audi-Modell A3: Unterwegs zwischen Genie und Wahnsinn

06 Juni, 2021

Audi-ModellDas teilautonome Fahren mithilfe der Fahrer-Assistenzsysteme hat meist eine entspannende Wirkung und mindert den Stress.

Wer sich komplett darauf verlässt, kann jedoch böse Überraschungen erleben.

Für Vollblut-Autofahrer mag es ein Graus sein, für jemand, der leidenschaftslos am Volant kurbelt oder diese Tätigkeit eher als lästig empfindet, dagegen ein Segen: das teilautonome Fahren, bei dem das Gefährt selbstständig ein paar wichtige Aufgaben übernimmt.
Kernstücke für die Vernetzung der Assistenz-Funktionen sind die Windschutzscheiben Kamera, Radar und Ultraschallsensoren sowie das bordeigene Navigations-System. Im Zusammenspiel liefern sie dem Wagen Infos über Fahrspuren, andere Verkehrsteilnehmer und Verkehrszeichen.
Das Navigationsgerät kann sogar noch ein Stück weiter "sehen" als die Kamera, da es über die Lage von Kreisverkehr-Inseln und Ortstafeln bestens informiert ist. Das hilft, wenn sie zum Beispiel hinter Kuppen oder Kurven für den Fahrer noch nicht wahrnehmbar sind.
Die heutige Technik ist Zwischenschritt und Vorgeschmack auf das autonome Fahren, das die Fahrzeughersteller für die Zukunft anpeilen. Wie derzeit das Fahren entspannter sein kann, und wie "intelligent" die Fahr-Assistenten einzuschätzen sind, hat der Motor-Informations-Dienst (mid) mit einem Audi A3 Sportback advanced 40 TFSI e mit Plug-In-Hybridtechnik ausprobiert.

Die zirka 130 Kilometer lange Fahrt startet mit vollem Tank und komplett aufgeladener Hybridbatterie in einer kleinen Ortschaft, führt später über eine kreuzungsfreie Ringstraße durch eine Großstadt und endet nach Autobahn sowie Landstraße in einer Kleinstadt. Damit der Audi nicht im Unklaren bleibt, wie das Streckenprofil aussieht, wird die Zieladresse in das Navigations-System eingegeben. Zudem wird der Drive-Mode-Schalter auf Auto Hybrid "Batterie-Ladung intelligent nutzen" gestellt.

Klar, dass alle Assistenzsysteme eingeschaltet und - wo immer möglich - genutzt werden. Angenehm: Schon unmittelbar nach dem Start über ein kurzes Stück Bundesstraße mit Tempolimit 70 hält sich das Audi-Modell brav an die Beschränkung und bremst überdies rechtzeitig vor dem Ortsschild des nächsten Dorfes ab, um dort mit exakt 50 km/h einzufahren. Das vorausschauende Fahren nutzt auch der Batterie, die beim Ausrollen Bremsenergie zurückgewinnen kann (Rekuperieren).
Wer auf freier Außerortstrecke die Tachovoreilung ausgleichen und weniger Überholanreiz für den folgenden Verkehr bieten will, kann den Tachowert per "Automatischer Cruise Control" zum Beispiel auch um fünf km/h hochsetzen, was vom A3 ebenfalls willig akzeptiert wird - bis zum nächsten Temposchild mit abweichendem Limit: Dort bremst oder beschleunigt der Wagen wieder, um den exakten Abgleich zwischen Tachoanzeige und gesetzlicher Vorgabe herzustellen.
Manchmal nervt der Audi mit einer Eigenart, von der viele Modelle des Volkswagenkonzerns befallen sind, wenn es länger geradeaus geht: mit der Warnung, man möge das Lenkrad mit den Händen anfassen, obwohl der Fahrer es nicht losgelassen hat. Wenn der Warnton erklingt, ist es nicht so einfach, dem Auto klarzumachen, dass es keinen Grund zur Aufregung gibt.

Auch auf der Autobahn hält sich das Audi-Modell im Prinzip ohne Zutun des Piloten an alle Geschwindigkeits-Vorschriften, bleibt prima in der Spur, fährt nicht zu dicht auf und warnt vor Fahrzeugen im toten Winkel. Nur im Prinzip? Ja, denn das System leistet sich unangenehme bis gefährliche Schnitzer.

Zur unangenehmen Sorte gehören Abbremsmanöver, weil das System Limits entdeckt, die nicht vorhanden sind. In einer 120er-Zone auf der Autobahn reduziert der Audi A3 ohne Vorwarnung auf Tempo 80, was den überraschten nachfolgenden Autofahrer veranlasst, das Lenkrad herumzureißen und zu überholen. Und auf einer Landstraße interessieren den Wagen die dortigen 70er-Schilder überhaupt nicht, er hat sich stur auf Tempo 50 eingerichtet. Das gelassene Fahren mutiert so in Richtung Stress.

In die gefährliche Sorte fallen eigenwillige "Selbstbeschleuniger". Leider übertreibt der ungeduldige Ingolstädter dann zum Teil maßlos. Das krasseste Manöver leistet er sich in einer langen Baustelle auf der A9, die er mit permanent 60 km/h durchfahren soll. Urplötzlich schiebt der Audi den Temporegler auf die 160er-Tachomarke und gibt mit seinen 204 PS heftig Gas. Anlass zur Frage: "Ist das künstliche Intelligenz, oder wird hier die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn überschritten?"

Nur beherztes Bremsen kann den Audi A3 wieder zur Vernunft bringen und den Fahrer bei der Radarmessstelle vor einem Strafmandat bewahren. Denn nicht das Auto wird verknackt, sondern der "Fahrzeugführer", der beim teilautonomen Fahren in der Verantwortung bleibt. Damit sind die Fahrzeughersteller zwar fein aus dem Schneider, aber dieses konkrete Fehlverhalten des Autos ist so nicht hinnehmbar.
Wenig Intelligenz beweist auch die Drive-Mode-Einstellung zur intelligenten Batterieladung. Obwohl der Audi via Navigationssystem weiß, dass die Fahrt in einer Kleinstadt endet, lutscht er die Batterie auf der Autobahn leer, sodass rein elektrisches Fahren im Zielgebiet nicht mehr möglich ist. In diesem Fall vertraut das Auto doch der Intelligenz des Fahrers, der mit entsprechenden Schalterstellungen das Aufladen der Batterie per Verbrennungsmotor während der Fahrt hätte befehlen können.

Stolz verkündigt der Bordcomputer nach dem Abstellen des Motors einen Durchschnittsverbrauch für 100 Kilometer von 4,3 Litern Super und 7,1 kWh elektrischem Strom. Und das sogar bei zwischendurch flotter Autobahnfahrt. Nach dem Erlebten hält sich die Freude über den "intelligenten" A3 allerdings in Grenzen.
Klaus Brieter / mid mid/brie

Bildquelle: Audi, Bildunterschrift: mid Groß-Gerau - Modernes Paket: Der Audi A3 Sportback ist als Hybridfahrzeug und mit vielen Assistenzsystemen zu haben.

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