Chinesisches Start-up Aiways: Erste Testfahrt im Elektro-SUV Aiways U5
05 März, 2020
Dieses Auto könnte der erste echte China-Kracher werden. Mit dem U5 bringt das chinesische Start-up Aiways einen komfortablen Elektro-SUV auf den Markt, der über 400 Kilometer Reichweite hat und
voraussichtlich unter 40.000 Euro kostet, die Prämien noch nicht abgezogen. Nach der ersten Probefahrt können wir nur respektvoll den Hut ziehen.
Aiways hat das geschafft, woran sich andere immer wieder die Finger verbrannt haben. Den Sprung vom Reich der Mitte mitten ins Herz Europas. Und das innerhalb von drei Jahren. Gäbe es das Corona-Virus nicht, das die Produktion in China lahmlegt, schon im April wären die ersten Autos beim Händler. So wird es wohl August werden, bis die ersten U5 auf den Straßen rollen.
Dann aber schon das 2021er Modell.
Aber was heißt hier eigentlich Händler?
So etwas Traditionelles wie ein Autohaus gibt es bei Aiways nicht. Hier werden die Autos über die Elektromarkt-Kette von Euronics vertrieben. Wenn Reparaturen fällig werden, kümmern sich die Experten der Firma A.T.U. (rund 570 Filialen in Deutschland) um den U5 von Aiways. Turnusgemäß übrigens erst nach 100.000 Kilometern. Auch das ist rekordverdächtig.
Etwas komisch ist der Name ja schon. U5 klingt fast so, also ob man sich eher unter als über der Erde bewegen würde. Mit einer U-Bahn hat das Shanghai-SUV jedoch nichts zu tun. Außer vielleicht beim Antrieb. Der ist in beiden Fällen elektrisch.
Beim U5 von Aiways handelt es sich um einen 140 kW/190 PS starken Elektro-Motor, der die Vorderachse antreibt. Später soll ein Allrad-Modell nachgereicht werden. Die Batterie ist 63 kWh groß und soll laut WLTP-Norm für eine Reichweite über 400 Kilometer (300 Kilometer bei Temperaturen unter null Grad) sorgen. Aufgeladen wird der Akku an der heimischen Wallbox in zehn Stunden. An einem Schnellader mit maximal 90 kW in 50 Minuten bis zu 80 Prozent.
Das heißt:
Der U5 ist voll alltagstauglich, selbst als Flottenfahrzeug für größere Fuhrunternehmen vorstellbar. Nach der Probefahrt auf der Sitzbank hinten kann man dieses Auto auch bedenkenlos dem örtlichen Taxler empfehlen. So bequem sitzt man sonst nur in der S-Klasse von Mercedes oder in den Monster-SUV von Autobauer BMW, Daimler & Co. Kein Wunder, denn in der aufstrebenden Wirtschaftsmacht gibt es viele Chefs, die gar nicht mehr selbst fahren, sondern chauffiert werden.
Aber auch vorne sitzt man wie in der Vorstandsetage. Abgesehen von der ein oder anderen unansehnlichen Kunststoffoberfläche - aber die gibt es ja auch bei Fahrzeugmarke BWM oder VW. Ansonsten schönes weißes Kunstleder, offenbar gut verarbeitet. Chromspangen, Klavierlack, Holzimitate. Wie das alles nach 100.000 Kilometern aussieht, muss man sehen.
Direkt hinter dem leicht abgeflachten Lenkrad gibt es drei Bildschirme mit den wesentlichen Fahrzeuginformationen. In der Mitte des Cockpits thront das 12,3-Zoll-Infotainment-Display, über das sich das ganze Auto vom Rekuperationsgrad bis hin zum Öffnen des Panorama-Glasdachs steuern lässt. Das Menü ist logisch aufgebaut und auf der Höhe der Zeit. Untypisch hingegen ist das fehlende Handschuhfach. Hier findet man nur zwei quadratische Chrom-Aufhängungen, an denen man verschiedene Boxen oder auch einen Tablet-Halter platzieren kann. Ein nettes Ausstattungsdetail - so wie auch die versenkbaren Türgriffe.
Apropos. Das erinnert doch?
Richtig an das ein oder andere Modell von Automarke Jaguar und Land Rover. Zusammen mit dem Steuerrad, das in der Mittelkonsole versenkt ist und mit dem mit dem man Vorwärts- und Rückwärtsgang, Parken oder Leerlauf einstellt, sind es aber schon die einzigen Features, die unter die Rubrik Raubkopie fallen könnten, für die die chinesische Autoindustrie einst berüchtigt war. Ansonsten ist das Design des U5 fein gezeichnet, modern, aufgeräumt und auch für den europäischen Geschmack geeignet.
Von der Fahrdynamik her kann der U5 trotz seines moderaten Leergewichts von 1,7 Tonnen mit der Konkurrenz wie etwa dem Audi-Modell e-tron nicht mithalten. Weder beim Antritt, der mit 9,1 Sekunden von 0 auf Tempo 100 nicht nur auf dem Papier ein wenig zögerlich wirkt. Auch wenn man mal alle 190 Elektro-Pferde in der Einstellung Sport gleichzeitig auf die Straße schickt. 315 Nm Drehmoment sind halt nicht unbedingt der Hammer. Noch beim Fahrwerk, das im Shanghai-SUV eher schwammig, manchmal auch übertrieben hart wirkt. Aber da wird sicherlich noch nachjustiert.
Die eher moderaten Fahrleistungen haben vermutlich Methode. Denn nur so lässt sich ein Verbrauch um die 16 kW/h realisieren und die Akku-Reichweite auf über 400 Kilometer steigern. Für Kunden, die einfach ein erschwingliches Auto suchen, dürfte die mangelnde Dynamik ohnehin keine Rolle spielen.
Ausgestattet ist der U5 mit allen herkömmlichen Assistenten. Vom Totwinkel-Warner bis hin zu Notbremssystem. Vom der intelligenten Fernlichtsteuerung bis hin zur Ausparkhilfe. Und dann gibt es ja noch das kleine Kästchen mit dem schwarzen Auge unten links an der Frontscheibe. Hier sitzt die Kamera der Gesichtserkennungs-Software. Sie stellt fest, wer das Auto fährt und spricht Warnungen aus, sollte der Fahrer müde sein.
Unser Fazit:
Der U5 ist ein komfortables, ausgewogenes E-Auto, das bei der ersten Ausfahrt überzeugt. Wie groß die Reichweite tatsächlich und wie praxisnah die Ladezeiten wirklich sind, das muss ein ausführlicherer Test zeigen. Für die deutsche Autoindustrie, die bislang den Nimbus der Unschlagbarkeit für sich reklamiert hat, wird es langsam ungemütlich. Nach Autobauer Tesla sorgen jetzt auch noch die Chinesen für richtig Musik im Konkurrenzkampf der modernen Mobilität. Rudolf Bögel / mid
Vorläufige technische Daten Elektro-SUV Aiways U5:
- Leistung: 140 kW/190 PS
- max. Drehmoment: 315 Nm
- Antrieb: Front
- 0 - 100 km/h: 9,1 s
- Top-Tempo: 160 km/h
- Batteriekapazität: 63 kWh
- Reichweite: 400 km
- Ladezeit: 50 min am Schnellader, Wallbox rund 10 Stunden
- L /B /H: 4,68 / 1,87 / 1,68 m
- Leergewicht 1,750 t
- Kofferraum: 432 - 1543 l
- Normverbrauch: 16,4 kWh / 100 km
mid/rubö
Aiways hat das geschafft, woran sich andere immer wieder die Finger verbrannt haben. Den Sprung vom Reich der Mitte mitten ins Herz Europas. Und das innerhalb von drei Jahren. Gäbe es das Corona-Virus nicht, das die Produktion in China lahmlegt, schon im April wären die ersten Autos beim Händler. So wird es wohl August werden, bis die ersten U5 auf den Straßen rollen.
Dann aber schon das 2021er Modell.
Aber was heißt hier eigentlich Händler?
So etwas Traditionelles wie ein Autohaus gibt es bei Aiways nicht. Hier werden die Autos über die Elektromarkt-Kette von Euronics vertrieben. Wenn Reparaturen fällig werden, kümmern sich die Experten der Firma A.T.U. (rund 570 Filialen in Deutschland) um den U5 von Aiways. Turnusgemäß übrigens erst nach 100.000 Kilometern. Auch das ist rekordverdächtig.
Etwas komisch ist der Name ja schon. U5 klingt fast so, also ob man sich eher unter als über der Erde bewegen würde. Mit einer U-Bahn hat das Shanghai-SUV jedoch nichts zu tun. Außer vielleicht beim Antrieb. Der ist in beiden Fällen elektrisch.
Beim U5 von Aiways handelt es sich um einen 140 kW/190 PS starken Elektro-Motor, der die Vorderachse antreibt. Später soll ein Allrad-Modell nachgereicht werden. Die Batterie ist 63 kWh groß und soll laut WLTP-Norm für eine Reichweite über 400 Kilometer (300 Kilometer bei Temperaturen unter null Grad) sorgen. Aufgeladen wird der Akku an der heimischen Wallbox in zehn Stunden. An einem Schnellader mit maximal 90 kW in 50 Minuten bis zu 80 Prozent.
Das heißt:
Der U5 ist voll alltagstauglich, selbst als Flottenfahrzeug für größere Fuhrunternehmen vorstellbar. Nach der Probefahrt auf der Sitzbank hinten kann man dieses Auto auch bedenkenlos dem örtlichen Taxler empfehlen. So bequem sitzt man sonst nur in der S-Klasse von Mercedes oder in den Monster-SUV von Autobauer BMW, Daimler & Co. Kein Wunder, denn in der aufstrebenden Wirtschaftsmacht gibt es viele Chefs, die gar nicht mehr selbst fahren, sondern chauffiert werden.
Aber auch vorne sitzt man wie in der Vorstandsetage. Abgesehen von der ein oder anderen unansehnlichen Kunststoffoberfläche - aber die gibt es ja auch bei Fahrzeugmarke BWM oder VW. Ansonsten schönes weißes Kunstleder, offenbar gut verarbeitet. Chromspangen, Klavierlack, Holzimitate. Wie das alles nach 100.000 Kilometern aussieht, muss man sehen.
Direkt hinter dem leicht abgeflachten Lenkrad gibt es drei Bildschirme mit den wesentlichen Fahrzeuginformationen. In der Mitte des Cockpits thront das 12,3-Zoll-Infotainment-Display, über das sich das ganze Auto vom Rekuperationsgrad bis hin zum Öffnen des Panorama-Glasdachs steuern lässt. Das Menü ist logisch aufgebaut und auf der Höhe der Zeit. Untypisch hingegen ist das fehlende Handschuhfach. Hier findet man nur zwei quadratische Chrom-Aufhängungen, an denen man verschiedene Boxen oder auch einen Tablet-Halter platzieren kann. Ein nettes Ausstattungsdetail - so wie auch die versenkbaren Türgriffe.
Apropos. Das erinnert doch?
Richtig an das ein oder andere Modell von Automarke Jaguar und Land Rover. Zusammen mit dem Steuerrad, das in der Mittelkonsole versenkt ist und mit dem mit dem man Vorwärts- und Rückwärtsgang, Parken oder Leerlauf einstellt, sind es aber schon die einzigen Features, die unter die Rubrik Raubkopie fallen könnten, für die die chinesische Autoindustrie einst berüchtigt war. Ansonsten ist das Design des U5 fein gezeichnet, modern, aufgeräumt und auch für den europäischen Geschmack geeignet.
Von der Fahrdynamik her kann der U5 trotz seines moderaten Leergewichts von 1,7 Tonnen mit der Konkurrenz wie etwa dem Audi-Modell e-tron nicht mithalten. Weder beim Antritt, der mit 9,1 Sekunden von 0 auf Tempo 100 nicht nur auf dem Papier ein wenig zögerlich wirkt. Auch wenn man mal alle 190 Elektro-Pferde in der Einstellung Sport gleichzeitig auf die Straße schickt. 315 Nm Drehmoment sind halt nicht unbedingt der Hammer. Noch beim Fahrwerk, das im Shanghai-SUV eher schwammig, manchmal auch übertrieben hart wirkt. Aber da wird sicherlich noch nachjustiert.
Die eher moderaten Fahrleistungen haben vermutlich Methode. Denn nur so lässt sich ein Verbrauch um die 16 kW/h realisieren und die Akku-Reichweite auf über 400 Kilometer steigern. Für Kunden, die einfach ein erschwingliches Auto suchen, dürfte die mangelnde Dynamik ohnehin keine Rolle spielen.
Ausgestattet ist der U5 mit allen herkömmlichen Assistenten. Vom Totwinkel-Warner bis hin zu Notbremssystem. Vom der intelligenten Fernlichtsteuerung bis hin zur Ausparkhilfe. Und dann gibt es ja noch das kleine Kästchen mit dem schwarzen Auge unten links an der Frontscheibe. Hier sitzt die Kamera der Gesichtserkennungs-Software. Sie stellt fest, wer das Auto fährt und spricht Warnungen aus, sollte der Fahrer müde sein.
Unser Fazit:
Der U5 ist ein komfortables, ausgewogenes E-Auto, das bei der ersten Ausfahrt überzeugt. Wie groß die Reichweite tatsächlich und wie praxisnah die Ladezeiten wirklich sind, das muss ein ausführlicherer Test zeigen. Für die deutsche Autoindustrie, die bislang den Nimbus der Unschlagbarkeit für sich reklamiert hat, wird es langsam ungemütlich. Nach Autobauer Tesla sorgen jetzt auch noch die Chinesen für richtig Musik im Konkurrenzkampf der modernen Mobilität. Rudolf Bögel / mid
Vorläufige technische Daten Elektro-SUV Aiways U5:
- Leistung: 140 kW/190 PS
- max. Drehmoment: 315 Nm
- Antrieb: Front
- 0 - 100 km/h: 9,1 s
- Top-Tempo: 160 km/h
- Batteriekapazität: 63 kWh
- Reichweite: 400 km
- Ladezeit: 50 min am Schnellader, Wallbox rund 10 Stunden
- L /B /H: 4,68 / 1,87 / 1,68 m
- Leergewicht 1,750 t
- Kofferraum: 432 - 1543 l
- Normverbrauch: 16,4 kWh / 100 km
mid/rubö
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