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Kleine Autos: Taugen Kei-Cars auch für Europa?

10 November, 2015

Auf der gestern zu Ende gegangenen Tokyo Motor Show spielten kleine Autos wieder die größte Rolle. Auch in Europa werden die Ballungsräume immer enger, die Fahrzeugdichte hat vielerorts die Schmerzgrenze erreicht. Sind Mini-Autos eine Lösung? Wie fahren sich eigentlich japanische Kei-Cars?

Dass es eng werden könnte auf den Inseln, ahnte die japanische Regierung schon vor mehr als 50 Jahren. Im Sommer 1949 kam die erste Zulassungs-Verordnung heraus, die für Kraftfahrzeuge bis zu einer bestimmten Größe Steuerabschläge und die Befreiung vom Nachweis eines Parkplatzes vorsah. Diese Bestimmung setzte die maximale Länge auf 2,80 Meter, die Breite auf einen Meter und den Hubraum des Verbrennungsmotors auf höchstens 150 Kubikzentimeter fest. Insofern hat das Autowachstum, das überall auf dem Globus bei der Vorstellung neuer Fahrzeuge zu beobachten ist, auch vor Japan nicht Halt gemacht: Heute dürfen die so genannten Kei-Cars 3,40 Meter lang und 1,48 Meter breit sein, ihr Hubraum ist auf 660 ccm und die Leistung auf 47 kW / 64 PS limitiert.

Die Bezeichnung für diese Fahrzeuge geht auf das japanische Wort „Keijidõsha“ zurück, was einfach nur „leichtes Automobil“ bedeutet. Selten bringen die Autos mehr als 800 Kilogramm auf die Waage. Das Segment wird von zwei Marken dominiert: Suzuki und Daihatsu. Sie versorgen die japanischen Kunden zu mehr als zwei Drittel mit den Asphalt-Winzlingen, insgesamt beträgt der Anteil der Kleinstwagen am Gesamtmarkt im Land der aufgehenden Sonne mehr als 40 Prozent. Die Artenvielfalt ist enorm. Über die Jahrzehnte haben es die beiden Hersteller geschafft, so gut wie jedes Pkw-Segment als Kei-Car abzubilden. Von zweisitzigen Cabrios über Coupés und Limousinen bis hin zu Gelände-Kraxlern, Familien-Vans, Transportern sowie Pritschenwagen für Handel und Gewerbe.

Zwei Marken dominieren
Auch auf der Tokyo Motor Show, die mehr als 800 000 Besucher anzog, waren wieder zahlreiche neue Variationen des ewig jungen Miniatur-Themas zu sehen, so etwa von Suzuki der Van Air Triser und der Schrumpf-Pick-Up Mighty Deck. Daihatsu verblüffte mit dem vielseitigen Minibus-Konzept Noriori und dem rollenden Verkaufsstand Tempo. Ist klein aber auch wirklich fein? Wie fahren sich solche Kei-Cars? N-tv.de machte die Probe aufs Exempel und startete mit zwei typischen Vertretern der Bonsai-Verhikel in den quirligen Linksverkehr der südöstlich von Tokio gelegenen Hafenstadt Hamamatsu.

Den heißen Anwärter auf einen Designpreis wird man in ihm wohl nicht erkennen, wenn man dem Suzuki-Erzeugnis Spacia zum ersten Mal gegenüber steht. Die Proportionen wirken ungelenk und seltsam. Das sind zum einen die an den äußersten Ecken der kastenförmigen Karosserie platzierten Räder, zum anderen der extrem hohe Aufbau. Doch dann öffnen sich zwei elektrische Schiebetüren und das Erstaunen ist groß: Für die Passagiere der hinteren Plätze ist die Beinfreiheit enorm und so üppig, dass sich manche deutsche Mittelklasse-Limousine eine Scheibe davon abschneiden könnte.

Offenkundig ist der Modellname kein reines Fantasie-Produkt, sondern der Neugierige soll sich durchaus an das englische Wort für Raum („Space“) erinnert fühlen. Mit mehr als 2,20 Metern Länge verfügt das fast 1,75 Meter hohe Auto über den größten Innenraum seiner Klasse. Da sich die hinteren Sitze umklappen lassen, kann man daraus auch eine flache Lümmel- oder Liegefläche machen. Variabilität ist Trumpf, wenngleich es ein Manko zweifellos gibt: Der Kofferraum hat keinen Raum für Koffer. Eher noch für zwei aufrecht stehende Rücksäcke, dann ist auch schon Ende des Verstauens. Dafür gibt es andere praktische Ideen: Weil Suzuki die Ergebnisse von Elternbefragungen mit in die Konzeption einfließen ließ, findet man in der Dachverkleidung des Spacia eine Klappbox, in der eine handelsübliche Packung von Reinigungstüchern oder zum Beispiel Windeln ihren Platz finden.

So geht Übersichtlichkeit
Eine hohe, aufrechte Sitzposition, senkrechte Scheiben rundum und die geschmeidige Form eines Ziegelstein machen das Manövrieren mit dem Spacia zu einem Kinderspiel. Das Schalten übernimmt ein stufenloses Automatik-Getriebe, was bei den meisten Kei-Cars der Fall ist. Das Temperament hält sich erwartungsgemäß in Grenzen, der Dreizylinder gibt auch in seiner Turbo-Variante nicht mehr als 95 Newtonmeter zum Besten. Im offiziellen Datenblatt des Herstellers ist keine Zeile für die Höchstgeschwindigkeit vorgesehen. Im streng tempolimitierten Japan wird der Wert wohl nicht für relevant gehalten. Dafür ist aber ein Notbremsassistent an Bord, und wer will, kann sich sogar eine Allrad-Version bestellen. Dafür muss der Kunde umgerechnet etwa 14 500 Euro aufbringen.

Während beim Spacia offenbar der rechte Winkel das maßgebliche Gestaltungsprinzip war, scheint das Modell Lapin (französisch für Kaninchen) aus der Welt von Manga, Tamagotchi und Playstation enthoppelt zu sein. Während man hierzulande allenfalls einen Mini oder einen Renault Twingo ungestraft „Frauenauto“ nennen darf, ist das „Kaninchen“ konsequent auf weibliche Interessenten hindesignt. Allem Anschein nach hatten die Gestalter auch Freude daran, ihrem Spieltrieb freien Lauf zu lassen. Pastelltöne für den Außenlack, Kulleraugen für die Front, gemütliche Couch-Bezüge auf der durchgehenden Vordersitzbank. Sogar der Getränkehalter für den Beifahrer(innen)platz wurde exakt so konzipiert, dass er den Behälter eines beliebten Frauengetränks zuverlässig und sicher aufnehmen kann. Hier hat der Kitsch Methode, erlaubt ist, was drollig macht.

Ein mageres Kaninchen
Animierte Häschen-Figuren im LCD-Display, Langohr-Aufkleber für den Tankdeckel, Ornamente oder Blümchen für die Sitzbezüge und diverse Accesoires zur Individualisierung des Innenraums bietet Suzuki den Kundinnen an. Sogar an ein Schmuckkästchen wurde gedacht. Es scheint kein Klischee zu abgegriffen, als dass es nicht für die Feminisierung dieses Miniatur-Fünftürers herhalten könnte. Die Fahrt ist ebenso unkompliziert wie unspektakulär. Mit 38 kW / 51 PS Leistung und 63 Newtonmetern Drehmoment kommt man im Großstadt-Dschungel noch recht gut voran, über Land dürfte es etwas mühsam sein. Andererseits kann man sich über weniger als drei Liter Verbrauch je 100 Kilometer freuen, denn der Mümmelmann hat kein Gramm Speck auf den Rippen: 680 Kilogramm, in der Allrad-Version nur 50 Kilo mehr. Umgerechnet 11 000 Euro sind für die einfache Ausführung fällig.

So obskure Werte wie Fahrspaß oder gar Querdynamik, denen Autobahn-verwöhnte Europäer huldigen, scheinen Kei-Car-Kunden nicht zu interessieren. Sicher und einigermaßen bequem von A nach B kommt – darum geht es ihnen. Wobei A und B nicht allzu weit auseinander liegen sollten. Für die Wirtschaftlichkeit sorgt bei Spacia und Lapin ein Mild-Hybrid- und ein Start-Stopp-System. Beide Autos nutzen die Plattform des Suzuki Alto, andere Kei-Cars wie Ignis oder Hustler rollen auf der gleichen technischen Basis.

Fazit dieses Ausfluges in die große Welt der kleinen Autos: Das konsequent auf Geschmack und Bedürfnisse japanischer Kunden zugeschnittene Angebot ist eins zu eins wohl kaum auf Europa zu übertragen. Dennoch bieten die Bonsai-Renner interessante Ansätze für Weiterentwicklungen, denn in der Platzausnutzung sind sie unschlagbar. ampnet/afb

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