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RDKS Pflicht: Beim Reifendruckkontrollsystem muss mit Mehrkosten gerechnet werden

17 November, 2014

Seit November ist Pflicht, dass alle neuen Autos mit RDKS, mit einem Reifendruckkontrollsystem, ausgerüstet sein. Zwei unterschiedliche Systeme stehen dabei zur Wahl: indirekt und direkt. Letztere arbeiten schneller und exakter, können aber zu erheblichen Kosten führen, auch bei der Umstellung auf Winterreifen.

Autoreifen leben von Luft. Zu wenig davon führt zu Mehrverbrauch, zu erhöhtem Reifenverschleiß, zu einer schwammigen Straßenlage, im Extremfall sogar zu Reifenzerstörungen und -platzern. Das ist bekannt, so lange es Luftreifen gibt – und trotzdem kümmern sich Autofahrer viel zu wenig um den korrekten Druck in ihren Reifen. Bis zu einem Drittel von ihnen, so einschlägige Untersuchungen, sind mit zu wenig Luft unterwegs, oft mit viel zu wenig. Der Verkehrsfunk warnt immer wieder vor Reifenteilen, die auf der Fahrbahn liegen, oft genug führen sich auflösende Reifen auch zu Unfällen.

Um künftig reifenbedingte Unfälle möglichst auszuschließen, beschloss die EU am 10. August 2010 mit der Regelung ECE R64, Reifendruckkontrollsysteme als Pflicht einzuführen. In den USA gibt es eine entsprechende Vorschrift schon seit vielen Jahren. Bei uns müssen bereits seit 1. November 2012 alle neu eingeführten Personenwagentypen (und Wohnmobile) über RDKS verfügen, seit Anfang des Monats gilt dies nun für alle neu zugelassenen Autos. Die Systeme müssen, so ihr Sinn, bei einem Druckverlust an einem oder mehreren Reifen so rechtzeitig warnen, dass der Fahrer anhalten kann, bevor es zu einem Schaden kommt. Korrekter Druck vermeidet zudem Mehrverbrauch und unnötige Umweltbelastung.

Für die Kontrolle stehen zwei verschiedene Systeme zur Verfügung. Indirekt arbeiten sie mit Sensoren, die für ABS und ASR ohnehin vorhanden sind. Diese messen die Umdrehungen der Räder. Zu wenig Druck führt zu einer Abplattung des Reifens, zu einem kleineren wirksamen Durchmesser des Rades. Es dreht sich rascher als die anderen mit korrektem Druck. Das System merkt dies und schlägt Alarm. Es kann zusätzlich die typischen Schwingungen der Reifen während der Fahrt beobachten. Deren Frequenz ändert sich bei zu wenig Luftdruck.

Der große Vorteil: Indirekte RDKS erfordern nur eine Ergänzung der Software, keine neuen Teile am Auto oder an den Rädern. Nachteil: Indirekte Systeme reagieren langsam, gleichzeitigen Druckverlust an allen vier Rädern bemerken sie nicht – ist in der Praxis aber auch kaum vorstellbar. Durch ständiges Fahren im Kreis lässt sich das System übrigens nicht austricksen: Dabei drehen die kurvenäußeren Räder ebenfalls schneller. Über den Lenkwinkelsensor aber weiß das System, dass das Auto ständig im Kreis fährt, Alarm unterbleibt.

Ungleich größer ist der Aufwand bei direkt messenden Systemen. Jedes Rad muss einen Sensor erhalten, der außer dem Druck auch die Temperatur misst. Erhitzt sich ein Reifen bei scharfer Fahrt oder durch Sonneneinstrahlung, so erhöht sich der Luftdruck innen. Um Fehlalarm zu vermeiden, muss der Sensor den jeweiligen Druck im Reifen auf Normalbedingungen umrechnen. Das Ergebnis funkt er während der Fahrt zusammen mit der Radposition alle paar Sekunden an einen Empfänger, der leitet es weiter an ein Steuergerät. Als Antenne können die vorhandenen Kabel für die ABS-Sensoren an den einzelnen Rädern dienen, es kann aber auch eine gemeinsame Antenne vorhanden sein. Bei stehendem Wagen bleibt das System aktiv, die Funksignale erfolgen aber in wesentlich größeren Abständen.

Direkt messende Systeme arbeiten so genau, dass der aktuelle Druck in jedem einzelnen Reifen am Armaturenbrett angezeigt werden kann. Anders als indirekte Systeme bemerken sie Luftverlust auch bei stehendem Wagen. Sie reagieren rascher, sie bieten damit die größere Sicherheit bei einem plötzlich auftretenden Reifenschaden.

Der Aufwand allerdings ist beträchtlich, auch für den Fahrer. Die Sensoren enthalten eine Batterie. Sie lebt sieben bis zehn Jahre, dann muss der gesamte Sensor erneuert werden – wozu die Reifen von der Felge gezogen werden müssen. Eine Ausnahme sind Piezo-Sensoren mit Akku, der durch die Rüttelbewegungen während der Fahrt aufgeladen wird. Bei der Montage neuer Reifen müssen die Sensoren je nach Alter geprüft oder erneuert werden. Metall-Schraubventile verlangen dazu neue Dichtungen, Kappen, Einsätze.

Erhebliche Mehrkosten bereiten direkt messende Reifendruck-Kontrollsysteme bei der Umrüstung auf Winterreifen. Sie müssen (wie auch das Reserverad) ebenfalls mit Sensoren versehen werden. Davon gibt es viele unterschiedliche. Nicht alle passen zum System, das im Wagen vorhanden ist. Die Vertragswerkstatt verfügt in aller Regel über die passenden, freie Betriebe und der Reifenhandel müssen geeignete Sensoren vorhalten (oder sie erst bestellen). Stets müssen sie im Auto „angelernt“ werden, was zusätzlichen Zeitaufwand erfordert. Selbstmontage ist kaum noch möglich. Mit den zusätzlichen Kosten versöhnen kann höchstens, dass RDKS für den richtigen – sprich für genügenden – Druck sorgt. Wenigstens diejenigen, die sich bisher kaum um ihre Reifen kümmerten, profitieren von längerer Lebensdauer und niedrigerem Kraftstoffverbrauch.

Was ist zu tun, wenn sich das Überwachungssystem meldet? Indirekt: Möglichst rasch an einer gefahrlosen Stelle anhalten, nachsehen. Hat kein Reifen sichtbar einen Platten, vorsichtig weiterfahren: Vielleicht war es nur ein Fehlalarm und die Anzeige verschwindet nach Neustart des Motors. Bei nächster Gelegenheit sollte Luftdruck geprüft, bei Bedarf korrigiert und „Reset“ gedrückt werden. Direkte Systeme: Druck anzeigen lassen. Bei einfachen Systemen ohne diese Möglichkeit anhalten und Kontrolle wie bei indirekt beschrieben.

Liegt tatsächlich eine Reifenpanne vor, hat der Glück, der ein Ersatzrad hat, denn Nothilfe unterwegs mit Tirefit und ähnlichem kann bei direkt messenden Systemen wieder teuer werden. Der Dichtungs-Schaum macht nicht nur den Reifen unbrauchbar für den weiteren Einsatz, sondern zusätzlich den Sensor. Autos mit Runflat-Reifen können vorsichtig weiter fahren bis zur nächsten Werkstatt.

Schlaue Leute könnten auf die Idee kommen, auf RDKS zu verzichten, zumindest bei Winterreifen. Geht nicht: Wenn der Wagen ab Werk damit ausgerüstet war, wenn er ab 1. November 2014 erstmals zugelassen wird und dann RDKS haben muss, dann ist dieses Bestandteil der Typprüfung. Fahren ohne lässt die Betriebserlaubnis erlöschen. Man fährt dann mit einem nicht zugelassenen Auto – und unter Umständen ohne Versicherungsschutz.

Besser dran sind Fahrer mit indirekt messendem RDKS: Für sie ändert sich beim Umrüsten auf Winterreifen nichts. Fast nichts: Sie müssen nach der Montage den vorgeschriebenen Druck exakt einstellen. Und dann – meist im Bordcomputer-Programm – „Reset“ drücken. Das System wird damit auf den richtigen Druck eingestellt. Für Fahrer mit älteren Wagen ohne RDKS ändert sich überhaupt nichts, denn eine Nachrüstung ist nicht vorgeschrieben. Für alle gilt aber die alte Empfehlung weiter: bei jedem Tanken oder zweimal im Monat Luft prüfen, und wenn ein Reifen unnormal, irgendwie platt aussieht, sofort. ampnet/fer

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