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Chinas neue Autowelt

23 April, 2014

Wer sich morgens gegen sieben Uhr aus dem Stadtzentrum Pekings auf den Weg zur Auto China 2014 begibt, muss sich auf einen langen Weg gefasst machen.

Schon Kilometer vor dem Messegelände beginnt der Mega-Stau. Die U-Bahn hat ihren Takt verkürzt, ein Menschengewusel ohne Gleichen. Das Thema Auto elektrisiert im Reich der Mitte mit seinen 1,4 Milliarden Bewohnern noch immer, obwohl gerade Peking zeigt, dass jährlich zwischen zehn und 20 Prozent wachsende Verkaufszahlen bei Autos geradezu ins Chaos führen.
2 000 Aussteller zeigen in neun großen Messehallen rund 1 100 Auto-Modelle. China stellt in diesem Jahr alles in den Schatten, was sonst noch an Automessen stattfindet. Alle Welt- und viele Nischenmarken sind vertreten, wobei die größte Anzahl der Zulieferer keineswegs aus Deutschland oder den USA kommen: Die Chinesen füllen weit mehr als die Hälfte der Hallenflächen mit ihren eigenen Marken, die in Europa allenfalls Spezialisten kennen. Haval, Tian, GAC, Chery, BAIC, Great Wall, Denzo, Qoros, SIAC oder BYD leisten sich glanzvolle Shows für ihre Premieren. Presse und Fachpublikum durften zum Teil nur auf Einladung auf die jeweiligen Stände. Nach einigen verpatzten Anfangsversuchen haben die Chinesen inzwischen viel gelernt und kündigen durchaus ernst zu nehmende neue Versuche an, schon bald den Überseemarkt zu erobern.
Bereits seit Jahren treiben die Chinesen die Entwicklung der Elektromobilität voran. Zwangsläufig haben zahlreiche der Fahrzeug-Neuvorstellungen Plug-in-Module oder sind sogar vollständig elektrisch angetrieben, meist zudem mit einem zusätzlichen Verbrennungsmotor als Reichweiten-Verlängerer. Einer der publikumsträchtigsten ist der Denza, der von BYD gemeinsam mit Daimler entwickelt worden ist und eine rein elektrische Reichweite von bis zu 300 Kilometern haben soll. Die üppigen staatlichen Zuschüsse in China eingerechnet, soll der Wagen dort für umgerechnet etwa 30 000 Euro verkauft werden - und frei von Zulassungsbeschränkungen in den Mega-Städten sein. Ansonsten bietet BYD - das Kürzel stammt von Built Your Dreams ? augenscheinlich wenig Eigenständiges. Das neue Cabrio sieht von vorn aus wie ein Mercedes und von hinten wie ein Renault Megan.
Spektakulär sind die angegebenen Verbrauchswerte des Hybridmodells von Haval, der SUV-Marke von Great Wall Motors. Für das in Peking als Concept-Car vorgestellte Coupé-SUV, das durchaus auch vom Design außerhalb von China eine gute Chance haben könnte: weniger als drei Liter Diesel soll der ausgewachsene Fünfsitzer auf 100 Kilometer verbrauchen. Great Walls allerdings zeigt sich auch gern riesig, so mit einem 6,72 Meter langen Stretch-Kombi. Ob die dafür vorgesehene Motorisierung von 93 kW/127 PS selbst für China ausreicht, sei dahingestellt.
Ebenfalls große Beachtung fand Qoros, ein Joint Venture des chinesischen Herstellers Chery und des Mischkonzerns Israel Corporation. In einer nagelneuen Fabrik in Changshu läuft seit Ende vergangenen Jahres die Mittelklasse-Limousine Qoros 3 als Stufen- und Fließheck-Version vom Band. Das Modell hat bereits erfolgreich europäische Crash-Tests durchlaufen. Laut der Präsentation wollen sie spätestens 2016 ihre Fahrzeuge exportieren. In Europa habe das Unternehmen für den Start vor allem kleine Einzelmärkte in Osteuropa im Fokus, etwa die Slowakei.
BAIC, Partner von Mercedes, bedient auf seinem Messestand ebenso wie VW-Partner FAW vor allem die Bedürfnisse der chinesischen Mittelschicht: technisch gut ausgestattete Modelle von der Kompakt-Wagengröße bis zum riesigen SUV. Doch nicht immer sind die Autos in der Qualität gefertigt, wie sie auf internationalen Märkten verlangt wird. Doch auch hier fallen zahlreiche technische Innovationen auf: LED-Hauptscheinwerfer, Plug-in-Varianten und bei Chery sogar eine Studie mit Carbonfaser-Karosserie. Die mit der MG-Rover-Technik gestartete Marke Roewe aus Schanghai (SAIC) zeigt für sein Top-Modell 950 - normalerweise mit einem Alu-Guss-Motor ausgestattet - sogar eine Brennstoffzellen-Studie. Wann und ob dieser Wagen kommerziell vertrieben werden soll, sagt das Unternehmen jedoch nicht. Dafür könnte der ebenfalls neue 750er künftig auch für den Export gedacht sein.
Ganz besonders rasant scheint es bei der Marke Chery voranzugehen, die nicht nur einen der größten Messestände in Peking gebaut hatte, sondern mehr als zwei Dutzend Neuheiten präsentierte - allerdings mit meist etwas biederem, an Modelle von Toyota angelehnten Design. Massentauglich könnte hier vor allem der A 3 sein, eine Kompakt-Limousine für den chinesischen Alltagseinsatz. Das ebenfalls von Chery präsentierte Sportcoupé Fulwin II kommt optisch zwar wesentlich peppiger und auch eigenständig daher, ist aber mit einer 1,3-Liter-Maschine deutlich zu schwach motorisiert. Die Spitze gibt das Prospekt mit lediglich 160 km/h an.
Manfred Schulze/mid mid/mas

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