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Sportwagen Porsche Cayman: Das gezähmte Mittelmotor-Konzept

23 Februar, 2013

Eine grundlegende Voraussetzung für überdurchschnittliche Fahrdynamik bei Rennwagen und sportlichen Autos ist eine möglichst ausgewogene Verteilung des Fahrzeuggewichts auf beide Achsen. Dies gelingt am besten, wenn der Motor hinter der Vorderachse, beziehungsweise vor der Hinterachse sitzt: das Mittelmotor-Konzept. Diese physikalische Gesetzmäßigkeit genießt vor allem bei Porsche traditionell höchste Aufmerksamkeit. Kein Wunder, hat doch Ferdinand Porsche diese Fahrzeugkonfiguration erfunden. Und der Sportwagenbauer wendet das Prinzip in der

Praxis erfolgreich seit den späten Fünfzigern an. Der schmale Grenzbereich verlangt dem Fahrer aber ein hohes Maß an Können ab. Jetzt haben die Zuffenhausener das Konzept beim neuen Cayman gezähmt und damit den ungetrübten Fahrspaß auf ein neues Level gehoben.
Ferdinand Porsche begann als abhängiger Konstrukteur, 1932 für die Auto Union einen neuen Rennwagen zu entwerfen, der im damals europaweit populären Grand Prix-Sport vor allem gegen die deutschen Dauer-Rivalen von Mercedes-Benz neue Erfolgsmaßstäbe setzen sollte. Der Auto Union "Typ C" debütierte 1934. Der revolutionäre 16-Zylinder-Motor saß erstmals in der Autogeschichte hinter dem Fahrer vor der Hinterachse. Das enorm gewachsene fahrdynamische Potential erkaufte sich das Auto mit einem extrem kritischen Fahrverhalten. Es stellte jedoch Ausnahmepiloten wie Hans Stuck oder Bernd Rosemeyer nie vor unlösbare Probleme. Die Mittelmotor-Bauweise zeigte bereits 1936 ihr volles Potential, als es drei von fünf Großen Preisen, die Hälfte aller übrigen Rundstreckenrennen und alle Bergrennen gewann und nicht zuletzt insgesamt 30 Weltrekorde aufstellte.
Als junger aufstrebender Sportwagenbauer etablierte sich Porsche in den Fünfzigern schnell auch auf den Rennstrecken. Die leichten Autos mit den Vierzylinder-Boxer-Motoren im Heck sammelten in ihren Klassen Siege im Akkordtempo. Wegen der begrenzten Leistungsfähigkeit der Motoren konzentrierten sich die Entwickler schon früh auf die Möglichkeiten, die fahrdynamischen Fähigkeiten konzeptionell und im Fahrwerksbereich zu verbessern. Der Porsche 718 von 1957 näherte sich bereits diesem Ideal, bis aus der Konstruktion ab 1958 für die Formel 2 ein Monoposto mit echter Mittelmotorlage entstand. Ab 1961 setzten die Schwaben diesen Wagen in der Formel 1 mit 1,5 Litern Hubraum ein.
1963 erschien der 904 als Nachfolger des 718. Der 904 war das erste klassische Mittelmotor-Auto, das auch am normalen Straßenverkehr teilnehmen durfte. Weil für die Teilnahme an der Sportwagen-Weltmeisterschaft 100 Exemplare erforderlich waren, homologierten die Stuttgarter das Auto auch für die Straßenzulassung. 29 700 D-Mark erschreckten die Enthusiasten damals nicht, so dass noch 16 weitere Exemplare des 904 entstanden.
Der gemeinsam mit Volkswagen entwickelte Sportwagen 914 war das erste Großserienauto, dass das Mittelmotor-Konzept ab 1969 auch für "Otto Normalverbraucher" erschloss. Dass sich Porsche bereits drei Jahre später aus dem Projekt verabschiedete, lag nicht an Problemen mit dem Fahrverhalten. Durch den Heckmotor im ersten Porsche 356 von 1948 hatten die Techniker einerseits jede Menge Erfahrung gewonnen, ein kritisches Fahrverhalten fahrwerksseitig zu entschärfen. Andererseits akzeptierten die Kunden den schmalen Grenzbereich mit plötzlich einsetzendem Ausschwenken des Hecks eines Porsches, weil das Beherrschen dieser instabilen Fahrzeuglage nun einmal den Knaben vom Manne trennt.
Zum echten Mittelmotorauto in der Großserie fand Porsche 1996 mit dem Boxster zurück. Der offene Zweisitzer, ab 2005 begleitet vom geschlossenen Coupé, führt seinen Sechszylinder-Boxer seitdem vor der Hinterachse, statt wie beim 911 auf der Hinterachse. Seit 2012 bietet Porsche nun die dritte Generation des Boxsters an und führt in diesem Frühjahr die zweite Generation des Cayman auf der identischen Bodengruppe ein. Mit diesen Autos ist es den Technikern aus der Schwabenmetropole endgültig gelungen, das Mittelmotorauto zu zähmen und so zu kultivieren, dass es den Spagat schafft, unglaubliche Fahrdynamik und Fahrspaß als Genuss ohne Reue zu generieren. Denn alles an bösem Überraschungspotenzial, was ein Mittelmotor-Sportler einem weniger geübten Piloten im Grenzbereich zumuten konnte, ist komplett gebannt. Und das, ohne die Könner vor den Kopf zu stoßen. Denn der neue Cayman tritt schon in der Basisversion mit 202 kW/275 PS an. Beim Cayman S sind es sogar 239 kW/325 PS.
Beim Fahrwerk legten die Entwickler den Grundstein für das außergewöhnlich gute Fahrverhalten. Die Verlängerung des Radstands um 60 Millimeter auf 2 475 Millimeter verbessert grundsätzlich die Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten. Beiden Achsen spendierten die Techniker eine breitere Spur: vorne plus 36 Millimeter für nunmehr 1 526 Millimeter Spurbreite, hinten sogar 40 Millimeter für 1 536 Millimeter Spurbreite. Die Anhebung des Reifendurchmessers auf mindestens 18 Zoll vergrößert die Aufstandsfläche der Reifen und verbessert damit die Haftung bis zum Grenzbereich. Weitere Maßnahmen bilden beispielsweise die Neukonstruktion der Vorderachse oder der Einsatz von Leichtbauteilen beim Fahrwerk. Die neue Karosserie speckte 47 Kilo ab, legte aber bei der Biegesteifigkeit um atemberaubende 40 Prozent zu. Mehr als 40 000 Newtonmeter Biegesteifigkeit sind ein absoluter Spitzenwert. Die Biegesteifigkeit ist ein grundlegender Faktor, der nicht nur die Qualität der Fahrstabilität bestimmt, sondern auch den Komfort bei jedem Auto. Mit dem optionalen PTV-System (Porsche Torque Vectroring) erhält der Kunde eine intelligente Regelung der Hinterachs-Quersperre mit selektiven Bremseingriffen, wenn schließlich die Haftgrenze erreicht ist. Mit dem Hinweis auf den vergrößerten ausfahrbaren Heckspoiler, der 40 Prozent mehr Fläche hat und damit entsprechend mehr Abtrieb für die Hinterachse liefert und dem Bremssystem aus dem 911 sind die wichtigsten Modifikationen für das Fahrwerk des Caymans wenigstens in Stichworten benannt.
Dass die Behauptung, den widerspenstigen Mittelmotor-Sportler gezähmt zu haben, keiner werblichen Übertreibung entspringt, durfte im Selbstversuch Bestätigung finden. Auf einer Rennstrecke ließ sich das Potential hinter Walter Röhrl im 911 auf der Ideallinie verkosten. Seitdem bleibt im Zusammenhang mit dem Cayman nur noch ein Problem zu lösen: Wie lange muss ein nunmehr Angefixter für die 51.385 Euro Grundgebühr sparen? Thomas Lang/mid tl/mid, Bildquelle: Porsche
Bildunterschrift: mid Stuttgart - Porsche hat beim neuen Cayman das Mittelmotor-Konzept gezähmt und damit den Fahrspaß neu definiert.

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