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Nobelmarke Cadillac: Neustart in Deutschland, ganz vorsichtig

29 Oktober, 2012

Nach jahrelangem Schweigen versucht sich die amerikanische Nobelmarke Cadillac erneut auf dem deutschen Markt. Interesse verdient dabei vor allem die neue sportliche

Mittelklasse-Limousine ATS. Sie könnte sogar gegen 3er-BMW, A4 und C-Klasse punkten. Noch rangieren aber Händlernetz und Absatzerwartungen auf sehr niedrigem Niveau.

Cadillac ist eine der ältesten Automarken in den USA, auch eine der renommiertesten. Seltsamerweise ist sie in Europa kaum noch präsent, mit der Auswahl unabhängiger Importeure, mit eigenen Bemühungen hatte die Topmarke von General Motors bisher wenig Glück. Jetzt versucht es die Zentrale in Zürich erneut: in Europa mit 40, in Deutschland fürs erste mit sechs Händlern. Hinzu kommen in Deutschland 16 Service-Stützpunkte. Ein Cadillac sichert den Insassen so zwar einen exklusiven Auftritt, erfordert unter Umständen aber lange Wege bei Wartung oder Reparatur. Das Netz soll indes rasch wachsen.

Die Hoffnungen konzentrieren sich vor allem auf den brandneuen ATS. Die nüchternen Buchstaben gehören zu einer Limousine, die für Cadillac geradezu Babyformat hat, gemessen wenigstens an den gewohnten Dimensionen: Länge 4,64 Meter wie zum Beispiel bei einem 3er BMW. Der Prospekt charakterisiert sie mit Begriffen wie ‘sportlich’ und ‘Premium’. Zumindest fällt sie äußerlich aus dem Rahmen: breit (1,81 m), niedrig (1,42 m), mit kantigem, Respekt heischendem Chrom-Grill und mächtigem Markenemblem in der Mitte, vor allem aber mit hohem, wieder bewusst kantigem Heck und markanten senkrechten Leuchten. Gemessen am Außenformat ist der Innenraum überraschend knapp. Schon der ebenfalls eng geschnittene 3er BMW bietet viel mehr Ellenbogenbreite. Die Gepäckraumklappe wird von altertümlichen Bügeln gehalten, deren Verkleidung viel Platz verschenkt: Mit 381 Litern hat das Kofferabteil nur besseres Golf-Format. Es lässt sich aber immerhin durch Umklappen der Rücksitzlehne erweitern.

Den Fahrer umgibt eine betont ruhige Umgebung mit kleinem Lenkrad und zwei gut ablesbaren Rundskalen. In der Mitte des Armaturenbretts thront dazu ‘CUE’: Dieses neuartige, auf den Namen ‘Cadillac User Experience’ getaufte System fasst die Bedie-nungselemente für Radio, MP3-Player, Navi und Telefon auf einem Acht-Zoll-Bildschirm zusammen. Der wiederum zeigt normalerweise nur die Navi-Karte. Wenn ihn eine Hand berührt oder in seine Nähe kommt, wacht er sozusagen auf und bietet zahreiche Menüpunkte zum Antippen an. Der Fahrer kann aus 60 Möglichkeiten nach eigenem Geschmack auswählen. Fingerspreizen auf dem Touchscreen verändert den Navi-Maßstab. Das Ganze erinnert an ein i-Phone. Deren Besitzer kommen am ehes-ten mit der Bedienung zurecht, andere müssen sich sehr an sie gewöhnen. Die ‘Prmium’-Ausstattung verfügt dazu über ein Head-up-Display, das die wichtigsten In-formationen wie die gefahrene Geschwindigkeit oder Abbiegepfeile in die Windschutzscheibe projiziert.

Ungewöhnlich für einen Nobel-Amerikaner ist auch das Triebwerk: vier Zylinder, zwei Liter Hubraum, Turbo, Direkteinspritzung. Und 203 kW / 276 PS, 353 Newtonmeter maximales Drehmoment ab 1700 Umdrehungen pro Minute: Hat nicht Opel vor kurzem einen ganz ähnlichen Motor vorgestellt? Richtig - Cadillac betont aber die eigene Abstimmung (und müsste sich wegen der Anleihe beim Rüsselsheimer Konzernbruder gewiss nicht schämen). Der Baby-Cadillac tritt kräftig an bei niedrigen Drehzahlen, er dreht freudig (allerdings recht geräuschvoll) hoch. Und er braucht sich in den Fahr- wie in den Verbrauchswerten nicht vor den europäischen Wettbewerbern zu verstecken: Beschleunigung 0 - 100 km/h in sechs Sekunden, Höchstgeschwindigkeit je nach Bereifung 220 bis 240 km/h, Normverbrauch 8,2 bis 8,6 Liter. Die sechs Gänge lassen sich allerdings etwas hakelig schalten, die Automatik ist die bessere Lösung.

Ihre Lektion gelernt – unter anderem auf dem Nürburgring - haben die Fahrwerks-Inge¬nieure. Der Cadillac ATS glänzt mit einer nicht zu leichtgängigen, exakten Len-kung, die sportlichen Fahrern genügend Rückmeldung von der Straße bietet. Allradantrieb (Aufpreis rund 2000 Euro) bringt die Leistung auch bei Nässe sicher auf die Straße. Die Federung arbeitet straff, die Premium-Version verfügt sogar über adaptive Dämpfer.

In der Technik hat sich Cadillac - nicht zuletzt mit Hilfe von Opel - Europa zum Vorbild genommen – mit Erfolg, wie man anerkennen muss. Was den ATS aber zugleich be-grenzt: Er fährt sich wie ein europäisches Auto. Nicht flüsternd und wiegend-weich wie klassische amerikanische. Deren Art schätzen aber gerade Käufer, die sich be-wusst nicht für die sportliche deutsche Mittelklasse entscheiden. Dass er anders, exoti-scher aussieht, macht den Cadillac interessant, ist aber vermutlich zu wenig für nach-haltigen Verkaufserfolg, zu dem auch ein Kombi und vor allem ein Dieselmotor fehlen. Ersterer ist nicht in Planung, der Diesel folgt später, im Opel Insignia gibt es bereits einen passenden.

Was fürs erste bleibt, ist der für eine 276 PS-Limousine mit gutem Namen erstaunlich günstige Preis: ab 37 500 Euro, bereits inklusive elektrisch verstellbarer Sitze, Navi, Schiebedach, Metalliclack und Bose-Sound aus sieben Lautsprechern. (ampnet-fer)

Daten Cadillac ATS 2.0L RWD Elegance Manual Transmission
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,64 x 1,81 x 1,43
Motor: Vierzylinder-Turbo, Direkteinspritzung, 1998 ccm
Leistung: 203 kW / 276 PS
Maximales Drehmoment: 353 Nm von 1700 bis 5500 U/min
Verbrauch (EU-Norm): 8,6 Liter Super/100 km, CO2 199 g/km, Effizienzklasse E
Leergewicht / Zuladung: 1559 / 475 kg
Beschleunigung 0 - 100 km/h: 6,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 220 - 240 km/h
Luftwiderstandsbeiwert: 0,29
Wendekreis: 11,1 m
Reifen: 225/45 R 17 runflat
Kofferraumvolumen: 381 Liter
Basispreis: 37.500 Euro

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