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Umstrittene Brückenmessung - Video-Brückenabstandsmessverfahren

18 März, 2010

Das Innenministerium Nordrhein-Westfalens hat mit einem Erlass an sämtliche Bußgeldstellen im Bezirk des OLG Düsseldorf die Einstellung aller laufenden Ordnungswidrigkeitenverfahren verfügt, die aufgrund von Kontrollen mit dem Video-Brückenabstandsmessverfahren (ViBrAM) eingeleitet wurden.

Darauf weist das Verkehrsrechtsportal straffreimobil.de hin.
Die Polizei in NRW verfügt derzeit über
zwei ViBrAM-Anlagen, die durch das
Polizeipräsidium Düsseldorf eingesetzt
wurden. Die Verwendung dieser Anlagen
ist aufgrund einer Entscheidung
des OLG Düsseldorf zum 01.03.2010
gestoppt worden. Entsprechend wurde
nun auch der Stopp aller laufenden
Bußgeldverfahren angeordnet.
Im Beschluss des OLG Düsseldorf vom
09.02.2010 wurde ein Betroffener freigesprochen,
dessen Abstandsverstoß
mit ViBrAM ermittelt worden war. Mit
seiner Entscheidung stellt das OLG fest,
dass die mit dieser Anlage erfassten
Daten nicht verwertbar sind, weil sie
einem Beweisverwertungsverbot unterliegen.
Nach Ansicht des Senats verstößt
bereits die Primärüberwachung,
also die Übersichtsaufnahme des auflaufenden
Verkehrs durch eine ständig
mitlaufende Kamera gegen das
informationelle Selbstbestimmungsrecht
des Betroffenen: Es existiere keine hin reichende gesetzliche Eingriffsgrundlage,
so die Richter. Für die Rechtswidrigkeit
sei nicht entscheidend, ob es
eine weitere Kamera gebe, die von
einem Messbeamten zur Aufzeichnung
einer spezifischen Videosequenz erst
bei einem Anfangsverdacht eingeschaltet
werde (Az.: IV-3 RBs 8/10 2
Ss-OWi 4/10).
Die ebenfalls von der Polizei für Abstands-
und Geschwindigkeitsmessungen
verwendeten videogestützten
Verfahren VKS, VIDIT und
VAMA bleiben dagegen im Einsatz. Das
Innenministerium stellt sich bei diesen
Messverfahren auf den Standpunkt, sie
seien von der oben genannten Entscheidung
des OLG Düsseldorf nicht
betroffen, weil sie über eine gesetzliche
Eingriffsgrundlage in § 100 h Abs. 1 S. 1
Nr. 1 Strafprozessordnung (StPO) verfügten.
Für den Düsseldorfer Verkehrsstrafrechtler
Christian Demuth ist das nicht
nachvollziehbar: „Die Ermittlung und
Ahndung von Abstands- und Geschwindigkeitsverstößen
mittels Videoaufzeichnung
wird ohne eine taugliche
Rechtsgrundlage durchgeführt. Andere,
dem ViBrAM-Verfahren vergleichbare
videogestützte Messverfahren von dem
Erlass auszuklammern, ist inkonsequent
und unzutreffend.“ Zwar lag dem Beschluss
des OLG Düsseldorf eine Abstandsmessung
mit einer ViBrAMAnlage
zugrunde, doch ist den Ausführungen
des Senats zu entnehmen,
dass ein Beweisverwertungsverbot auch
für solche Systeme gelten soll, die in
ihrer Arbeitsweise mit ViBrAM
vergleichbar sind. Das betrifft alle
Brückenmessverfahren, bei denen zu
nächst eine verdachtsunabhängige
Videoaufzeichnung durchgeführt wird.
Anderslautende Beschlüsse des OLG
Bamberg vom 16.11.09 und des OLG
Stuttgart vom 29.01.2010, die in § 100 h
StPO eine ausreichende Eingriffsgrundlage
erblicken, mögen zwar eine Vorlage
an den Bundesgerichtshof (BGH)
erfordern. „Solange diese aber nicht
erfolgt und entschieden ist, sollte vonseiten
des Ministeriums nicht der Versuch
unternommen werden, die Argumente
des OLG Düsseldorf zu
ignorieren und einen rechtlich ungeklärten
Zustand auf Biegen und
Brechen zulasten der Autofahrer auszulegen“,
moniert Demuth. „Die zuständigen
Stellen sollten die Größe
haben anzuerkennen, dass das OLG
Düsseldorf in seiner Entscheidung auch
verwandten Messverfahren eine Absage
erteilt hat.“ Seine Forderung: „Der Einsatz
sämtlicher Videokontrollsysteme
sollte ausgesetzt werden, bis eine Eingriffsgrundlage
geschaffen oder erkannt
worden ist, die den vom Bundesverfassungsgericht
definierten rechtsstaatlichen
Grundsätzen entspricht.“ Für
Betroffene eines Bußgeldverfahrens,
das auf videogestützter Abstands- oder
Geschwindigkeitsüberwachung basiert,
gibt es aus seiner Sicht derzeit nur eine
Lösung: „Ihnen kann nur geraten
werden, sich gegen einen Bußgeldbescheid
zur Wehr zu setzen.“
Rieder Media, Uwe Rieder
Zum Schickerhof 81, D-47877 Willich
www.straffrei-mobil.de

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