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Iveco Eurocargo 150 E 28: Ausgezeichnet, und keiner guckt hin

17 Januar, 2017

Wollen wir wetten? Davon hat kaum jemand Notiz genommen. Der Eurocargo von Iveco durfte noch bis

zum Jahresende den Schriftzug "Truck of the Year 2016" tragen - aber wen interessiert's? So richtig neu sieht der Eurocargo mit dem breiten Grinsen im Kühlergrill ja gar nicht aus. Und: Wie viele Facelifts oder Aufwertungen hat der schon hinter sich? Auf jeden Fall eine schwere Aufgabe fürs Marketing, für den Dauerbrenner in der Mittelgewichts-Liga hohe Aufmerksamkeitswerte zu erzielen.
Im europäischen Revier der Mittelschweren zählt der Eurocargo seit Jahren zu den Bestsellern. Er ist kein Blender, auch keiner, der mit technischen Highlights glänzt. Der Iveco spielt eher die Karte des soliden, bekannt bewährten Lastwagens. Vergleichsweise günstig kalkuliert und mit freundlichen Rabatten garniert wirbt er für sich, ein umfangreicher Baukasten mit zahlreichen Radständen, Fahrerhaus-Varianten und Motorleistungen unterstützt die Bemühungen der Iveco-Verkäufer. Das passende Modell für den eigenen Bedarf zu finden fällt nicht allzu schwer.
Unser Eurocargo mit schlanker Nahverkehrs-Kabine geht mit mehr als fünf Meter Radstand und 7,30 Meter langem Trockenfrachtkoffer an den Start. Gerade eben hat er die neueste Produktpflege durchlaufen, man erkennt das aufgefrischte Modell an seinem Kühlergrill. Sonst bleibt vieles wie gehabt. Nach wie vor öffnen die schmalen Türen weit, das Ein- und Aussteigen fällt hier nicht schwer. Das nicht zu knappe Platzangebot reicht für Tageseinsätze, selbst langbeinige Fahrer müssen im Eurocargo nicht klagen. Weil der Motortunnel nur wenig Platz beansprucht, klappt das Wechseln zur Beifahrerseite ohne Turnübungen.
Ein Pluspunkt der betagten Eurocargo-Kabine ist nach wie vor ihre vorbildliche Übersichtlichkeit. Immer wieder gut: Das tiefe Zusatzfenster in der rechten Tür, hier sieht man Verkehrsteilnehmer und Passanten, die man woanders schon mal übersieht. Der Armaturenträger mit Komponenten aus den großen Iveco-Trucks birgt keine Geheimnisse, das Cockpit ist bestens aus dem Vorgänger-Typen vertraut. Endlich genügend Becher- und Flaschenhalter, der Fahrer darf unterwegs Durst haben. Ebenfalls nicht ohne: Die Fahrerhaus-Rückwand wird für Ablagekörbe und vernünftige Garderobehaken genutzt. Überhaupt kann man dem bewährt-bekannten Eurocargo-Fahrerhaus nichts negatives nachsagen - es ist gut verarbeitet, bietet Platz und Fahrkomfort.
Mit Komplettausstattung ist der Testkandidat nicht der Leichteste im Revier, er trägt einen robusten Spier-Koffer samt 1,5-Tonnen-Ladebordwand auf dem Rahmen. Aber ein schwerer Brocken ist der Iveco nicht. Der Motor unter der Kabine macht sich leicht, der kompakte Sechszylinder heißt "Tector 7" und holt jetzt aus 6,7 Liter Hubraum 280 PS und 1.000 Newtonmeter Drehmoment. Trotz stattlicher Nennleistung ist der Reihensechser kein Kraftprotz, aber mit dem Testgewicht von 14,6 Tonnen hat er wenig Mühe.
Geschmeidig nimmt er ohne Turboloch Gas an, braucht vielleicht etwas Drehzahl, um richtig munter zu werden. Über ein breites Plateau - von 1.250 bis 1.950 Umdrehungen - kann der Fahrer über die volle Kraft von 1.000 Newtonmeter verfügen. Und weil die Driveline stimmig ist, bleiben Drehzahlorgien die Ausnahme. Mit knapp 1.400 Umdrehungen tourt der Eurocargo über Landstraßen - im elften direkten Gang, der die geringsten Wirkungsgradverluste liefert, oder mit 1.200 Touren im 12ten. Knapp 1.600 Umdrehungen reichen für Tempo 85 auf Autobahnen, natürlich im größten Gang des AS-Tronic-Getriebes. Das rechnergesteuerte ZF-Getriebe schaltet fix und waltet voll automatisiert, so wird der Fahrer in vielen kniffligen Situationen entlastet. Den einen oder anderen Zehntelliter Diesel spart dann die Segelfunktion, wenn es leicht bergab geht - hier würden wir uns noch etwas Feintuning wünschen. Aufs Schalten von Hand kann der Fahrer getrost verzichten, auch wenn es nur einen lässigen Fingertipp am rechten Lenkstockhebel bedeutet. Nur der deftige Aufpreis fürs automatisierte Getriebe trübt den Genuss, vor dem viele Unternehmer gerade im Verteilerverkehr zurückschrecken.
Und es liegt nicht nur am Getriebe - der fast zehn Meter lange Zweiachser lässt sich mühelos dirigieren. Leichtfüßig zirkelt der Eurocargo durch enge Kehren und winkelige Straßen, unebene Fahrbahnen werden ohne erhöhten Aufwand überrollt. Der Iveco fährt blitzsauber geradeaus und folgt seiner exakten Lenkung mit Präzision. Hohe Produktreife beweist sein Setup: Mit langen Parabelfedern vorn und aufwändiger Vierbalgfederung an der Antriebsachse steckt der mittelschwere Eurocargo auch deftig ondulierte Fahrbahnen mühelos weg, ohne Kabine und Aufbau ins Taumeln zu bringen. Etwas Gefühl im rechten Fuß verlangen die pneumatischen EBS-Scheibenbremsen: Sie brauchen einen festen Tritt, um dann aber zügig den Anker zu werfen - man vermutet fast, man hätte es noch mit der altehrwürdigen Luftbremse zu tun. Die einstufige Motorbremse, eine simple Auspuffklappenbremse, hört man mehr, als man sie fühlt.
Wenig Anlass zu Kritik liefert der Gesamtverbrauch von 18,5 Liter auf 100 Kilometer, auch Zwölftonner verbrauchen kaum weniger Diesel. Erst recht positiv stimmt der Kraftstoffverbrauch, wenn man die grob profilierten Conti-Regionalreifen mit in Betracht zieht. Der kleine Tector 7-Sechszylinder ist ein ziemlich guter Futterverwerter, er kommt wie die meisten Iveco-Diesel ohne Abgasrückführung aus. Der Kraftstoffverbrauch ist aber immer auch das Ergebnis vieler Detail-Maßnahmen. Deshalb verdient der an den Ecken und Kanten sanft gerundete Spier-Koffer ein Extrakompliment, auch weil das werkseitige Spoiler-Paket den Aufbau in der Anströmung sauber abdeckt.
Wer einen Mittelgewichtler sucht, ist mit dem aufgefrischten Eurocargo gut bedient. Der mittelschwere Iveco bietet bewährte Kost ohne Schwachstellen und Highlights. Für seinen Fahrer gibt es im Innenraum jetzt etwas mehr Komfort und Infotainment, der Rest bleibt wie gehabt. Der 280-PS-Sechszylinder bietet genug Kraft für schweres Terrain, die Variante mit 320 PS hat nur wenig mehr Mumm in den Knochen. In jedem Fall empfehlenswert ist das automatisierte 12-Gang-Getriebe, das den Fahrer-Job im Eurocargo so sehr erleichtert. Und es spart Kraftstoff, reduziert den Verschleiß und amortisiert über die Betriebszeit den Aufpreis. Wolfgang Tschakert / mid

Technische Daten Iveco Eurocargo 150E28P NFH:
Verteiler-Lkw, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 9,33/2,55/3,55/5,16, Leergewicht: 7.110 kg, Nutzlast: 7.890 kg, zul. Gesamtgewicht: 15.000 kg, Testgewicht inkl. Fahrer und vollem Tank: 14.500 kg, Kraftstofftank: 200 l, Adblue®-Tank: 30 l, zul. Anhängelast: 18 t, zul. Achslast 10,7 t. Bereifung: 285/70 R19,5 C, Preis Fahrgestell gemäß Testkonfiguration: 101.970,00 Euro.
Antrieb: Reihensechszylinder-Common-Rail-Diesel mit Direkteinspritzung und VGT-Abgasturbolader, Ladeluftkühlung, Hubraum: 6.728 ccm, Nennleistung: 206 kW/280 PS bei 1.950-2.500/min, max. Drehmoment: 1.000 Nm bei 1.250-1.950/min, Motorbremsleistung: 118 kW/160 PS bei 2.800/min, automatisiertes 12-Gang-Getriebe, Abgasnorm: Euro 6. Beschleunigung 0 - 50 km/h: 16,6 s, 0 - 80 km/h: 36,4 s, Geräusch: 65,1 dB/A (60 km/h), 70,5 dB/A (80 km/h), Kraftstoffverbrauch Schnitt: 18,5 l/100 km. mid/wot

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