Reifenkennzeichnung für Winterreifenkäufer nutzlos

Ab Oktober sollten Autofahrer auf Winterreifen umrüsten. Wer bis Anfang November wartet und sich aussagekräftige Informationen vom der neuen EU Reifenkennzeichnung erhofft, hat auf das falsche Pferd gesetzt. Das Reifenlabel ist ab dem Stichtag für alle Reifen vorgeschrieben und informiert, ähnlich wie an Kühlschränken zum Energieverbrauch, über den Rollwiderstand, die Nassbremseigenschaften und das Geräuschniveau von Reifen. Davon lässt sich jedoch keine Aussage über die Wintertauglichkeit ableiten. Das Label verschweigt mehr, als es aussagt, kritisiert Dr. Andreas Topp, Entwickler bei der Continental AG in Hannover, Transparenz für den Kunden ist damit nicht gegeben.
Marktbeobachtungen haben gezeigt, dass es nur sehr wenige Reifen überhaupt gibt, die mit den Bestwerten A und A gekennzeichnet sind. Bei Winterreifen weist der beste Labelwert eines Premium-Reifens B/C aus. Der neue Continental TS 850 ist mit C/C gekennzeichnet. Kaum vorstellbar, dass der Hersteller zahlreicher Testsiege ein neues Produkt mit solch schwachem Leistungsniveau auf den Markt bringt. Das Label kann zu den Wintereigenschaften nichts sagen, erklärt Topp. Zwischen dem Wert A und dem Wert G beim Rollwiderstand liegen 0,66 Liter Verbrauchsunterschied pro 100 Kilometer. Beim Bremsweg liegen zwischen A und F immerhin 18 Meter Unterschied oder über 45 Prozent
Natürlich werden auch die Gründe genannt. So sind die drei auf dem Label angegebenen Werte nur ein Bruchteil dessen, was Reifen an Eigenschaften bieten müssen. Für die Freigabe eines Fahrzeugherstellers muss ein Reifen in rund 50 Kriterien bestehen, in Tests der Fachpresse bei bis zu 20 Kriterien. Außerdem erreichen Winterreifen oft schlechte Nässewerte, weil die Prüfung für die Reifenkennzeichnung bei relativ griffiger Fahrbahn durchgeführt werden muss. Winterreifen sind jedoch für niedrigere Reibbeiwerte konstruiert, wie sie auf nasser, schneebedeckten oder vereisten Fahrbahnen vorherrschen .
Eine weitere Krux des bürokratischen Reifenlabels ist, dass die Reifenhersteller die Labelwerte selbst erstellen. So sind bereits billige Import-Winterreifen aufgetaucht, die mit B/B gekennzeichnet sind. Mit Werten also, die von keinem Premiumanbieter erreicht werden. Denn die wollen keine schönen Werte zeigen, sondern sichere Reifen mit guten Wintereigenschaften anbieten. Dazu aber müssen Kompromisse eingegangen werden, wie Topp berichtet. Seine klare Empfehlung lautet daher, die Tests von Fachzeitschriften für die Kaufentscheidung zu Rate zu ziehen. ld/mid Bildquelle: Continental
Bildunterschrift: mid Hamburg Zum Bremsweg auf Schnee sagt das neue EU Reifenlabel nichts aus. Vergleiche der Hersteller zeigen aber bei Nässe große, sicherheitsrelevante Unterschiede.